„175 Länder werden bei der dritten von fünf Verhandlungsrunden über ein Abkommen, das die Verschmutzung durch Plastik bis 2040 massiv eindämmen soll, erwartet. Wichtiger Player: Die EU. Hauptziel der spanischen EU-Ratspräsidentschaft bei den sogenannten INC3-Verhandlungen „besteht darin, einen rechtsverbindlichen, ehrgeizigen internationales Abkommen zu erreichen, das den gesamten Lebenszyklus von Kunststoff abdeckt“, heißt es aus dem spanischen Ministerium für Ökologische Transformation. Noch „vor 2024“ solle eine Einigung erzielt werden.“
„Bei Seevögeln gibt es eine neue Krankheit. Sie heißt Plastikose: Der Verdauungstrakt der Tiere ist vernarbt, weil gefressene Plastikpartikel Entzündungen verursachen.
Mindestens 85 Prozent des Meeresmülls besteht aus Kunststoff, und 3,4 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen werden durch Kunststoffprodukte verursacht – rund 1,8 Milliarden Tonnen jährlich. Dabei werden die meisten Emissionen bei der Produktion freigesetzt.
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen Unep nennt diese und zahlreiche weitere Belege, dass die Verschmutzung durch Kunststoff sich zu einer globalen Krise ausgewachsen hat. Die dritte neben der Erderhitzung und dem Artensterben.
Plastikmüll schwappt in den Ozeanen herum und reichert sich in Form kleinster Partikel im Boden an – und er wird immer mehr. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die jährliche weltweite Plastikproduktion verdoppelt, auf 460 Millionen Tonnen im Jahr 2019.
Wenn die Menschheit so weitermacht, wird sie im Jahr 2060 rund 1,23 Milliarden Tonnen Plastik herstellen, also mehr als 1.200.000.000.000 Kilo Tüten und Flaschen, Farben und Beschichtungen, Autositze, Pullover, Fensterrahmen, Rohre und so weiter. Die Hälfte davon wird in Asien erzeugt, die andere hauptsächlich in Europa und Nordamerika.
Um der Kunststoffflut und ihren Auswirkungen auf Menschen und Natur etwas entgegenzusetzen, will Unep ein globales Abkommen über Plastikverschmutzung vereinbaren. Am Montag startet in Nairobi die dritte von fünf Verhandlungsrunden für das Abkommen, nächstes Jahr soll es fertig werden. Für ihre Verhältnisse legen die UN damit ein enormes Tempo an den Tag.
Politiker, Unternehmen und Zivilgesellschaft messen der bevorstehenden Verhandlungsrunde eine große Bedeutung zu, weil erstmals an einem konkreten Textentwurf gearbeitet wird. Er sieht etwa Verbote und Maßnahmen vor, um Einwegplastikprodukte, Mikroplastik in Kosmetika oder auch Geisternetze in der Fischerei zu verbieten. Letztere sind verloren gegangene oder entsorgte Fangnetze, die durchs Meer treiben und eine tödliche Falle für Meeresbewohner darstellen.
„Dieses Abkommen allein wird zwar nicht die gesamte Verschmutzungskrise durch Pestizide, Chemikalien und so weiter lösen“, sagt Florian Titze, der bei der Naturschutzorganisation WWF für globale Umweltpolitik zuständig ist, „es würde aber eine immense Lücke schließen, denn bei der Plastikverschmutzung haben wir die planetaren Grenzen deutlich überschritten.“
Zudem hänge die Klima- und Biodiversitätskrise mit der Verschmutzung zusammen. „Wir müssen alle drei auf globaler Ebene lösen“, sagt Titze.
Allen drei Krisen liegt ein Konsum zugrunde, der zu viele Ressourcen verbraucht. Plastik ist dabei der Inbegriff des Wegwerfkonsums. Kurzlebige Dinge machen 66 Prozent des Kunststoffverbrauchs aus – Beutel, Folien, Shampoo- oder Colaflaschen, Kaffee- oder Eiscremebecher. Häufig werden sie nur wenige Minuten benutzt und landen dann im Müll.
Die tatsächlichen Recyclingquoten sind gering, trotz aller Absichtserklärungen. Nach UN-Angaben werden weltweit 46 Prozent der Kunststoffabfälle auf Deponien gelagert, 22 Prozent falsch entsorgt, 17 Prozent werden verbrannt und nur 15 Prozent zum Recyceln gesammelt, wobei am Ende weniger als 9 Prozent tatsächlich recycelt werden. Die UN gehen davon aus, dass die globalen Recyclingraten auch künftig niedrig bleiben und bis 2060 auf nur 17 Prozent steigen werden.“ (www.taz.de)
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