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Hamburger Label Tentation – Upcycling-Mode aus Festival-Zelten

„Vor allem im Sommer finden unzählige Festivals statt – und das Campen gehört meist dazu. So manch exzessives Wochenende produziert viel Müll – ein wertvoller Rohstoff für die Hamburger Desigernin Katrin Rieber. Neben Sofagarnituren und Kühlschränken bleiben nach einem Festival etwa ein Viertel der Zelte auf dem Gelände. Bei großen Festivals kommen da schon mal bis zu 10.000 Zelte zusammen. Normalerweise landen die in der Müllverbrennungsanlage, denn der Kunststoff aus dem sie gefertigt sind, lässt sich nicht wiederverwerten. Inzwischen landet ein Bruchteil der Zelte bei der Hamburger Designerin Katrin Rieber. Vor und in ihrem Atelier in Altona türmt sich das Zelt-Material säckeweise.

Der Faden an Katrin Riebers Nähmaschine hält Zeltstoff zusammen. Aus dem synthetischen Material entstehen Taschen, Handschuhe, Hosen, Mäntel und Jacken. Meist in dunklen Farbtönen. Alles Einzelstücke und in einem sportlich-lässigen Stil gehalten: „Die stehen einer weiblichen als auch einer männlich gelesenen Figur“, erklärt die Designerin. Bis vor ein paar Jahren hat Katrin Rieber ausschließlich mit veganen und komplett kompostierbaren Materialien gearbeitet. Bis die umweltbewusste Mode-Designerin eine überraschende Entdeckung machte: Sie war nach dem Ende eines Festivals noch länger auf dem Gelände gebliebenen und stand staunend vor massenhaft zurückgelassen Zelten. Es reizte sie, aus eigentlich ausgedienten Gegenständen etwas Brauchbares zu entwickeln: Sie kreierte eine Regenjacken-Kollektion.

Der Name ihres neuen Labels „Tentation“ geht zurück auf das Englische Wort für Verlockung. Darin steckt aber auch das Wort „tent“ – Zelt. Bevor Katrin Rieber mit ihrer Idee loslegen konnte, musste sie einige Hürden überwinden. „Als ich das erste Mal bei einem Festival angefragt habe, haben die sich ein bisschen auf den Schlips getreten gefühlt. Man macht ja ein Problem öffentlich, ein Problem, das zwar schon bekannt war. Aber jetzt kommt da jemand, der sich das dick auf die Fahnen schreibt und damit Werbung macht. Das ist natürlich nicht ganz so geil.“ Im Schnitt kommen auf einem Festival 15 Kilo Müll pro Person zusammen. Bis der vollständig entsorgt ist, dauert es teilweise mehrere Wochen. Katrin Rieber hat beobachtet, dass „die Campingplätze, die näher am Infield sind, also wo die Leute richtig Gas geben wollen – deswegen campt man ja direkt neben der Hauptbühne – da ist richtig Endzeit. Da findet man sehr, sehr viele Zelte und da watet man durch Klopapierrollen, Raviolidosen, Bierdosen, zerstörte Pavillons und Zelte.“ In diesem Jahr sind allein auf dem „Rock Am Ring“-Festival für Riebers „Tentation“-Kollektion 1,5 Tonnen Material zusammengekommen.

Um Wirtschaftlichkeit und schnelle Produktionsabläufe gehe es in ihrem Projekt nicht, sagt die Designerin. Für die Anfahrt, die Materialsuche, Säuberung und Sortierung investiert sie sehr viel Zeit. „Es ist einfach mit wahnsinnig viel Arbeit und Idealismus verbunden. Aber ich sehe den Sinn darin so: Wenn ich die Kollektion angucke und sehe, was da sonst alles einfach in der Müllverbrennungsanlage gelandet wäre. Stattdessen habe ich ganz geile Sachen draus gemacht, die andere Leute auch cool finden! Dafür, finde ich, lohnt sich das. Aber es ist wirklich sehr komplex und auch Pionierarbeit, die ich leiste, weil es einfach keine Anleitung dafür gibt.“

Recycelte Materialien sind inzwischen auch bei großen Modekonzernen en vogue. Aber dass es noch keine richtigen Recyclingprozesse für synthetische Stoffe gebe, hält Katrin Rieber für ein großes Problem der Textilindustrie. Inzwischen gibt es kleine Firmen, die daran arbeiten, altes Plastik zu neuen Turnschuhsohlen oder Bodenbelägen zu verarbeiten. Auch Katrin Rieber forscht daran, wie ihre chicen Regenmäntel eines Tages in etwas Neues übergehen können: „Ich möchte in keinster Weise Sondermüll auf dieser Welt hinterlassen. Das könnte ich nicht mit mir vereinbaren – und ich denke, als Designer hat man die Verantwortung und auch die Macht darüber. Schon mit dem, was man tut, hat man ganz viel Macht, denn man kreiert was Neues“, erklärt Rieber und ergänzt: „Nicht nur das Produkt muss geil sein, sondern auch, wenn es dann nicht mehr das Produkt ist, dann muss es das immer noch sein. Das ist der Traum, den ich habe, auf den ich zuarbeite. Aber das ist noch ein langer Weg.“

Katrin Rieber vertreibt ihre „Tentation“-Kollektion über einen eigenen Onlineshop und Designmessen. Die Regenkleidung verkauft sie auch auf Festivals – zuletzt auf dem Dockville-Festival in Hamburg, wo es übrigens eine Sammelbox für Zelte gibt.“ (www.ndr.de)

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